Samstag, 11. April 2020

Koldeweys Methode: archäologische Bauforschung

Kenah Cusanits eigentliches Thema sind nicht die spektakulären Funde, sondern der grabungstechnische Vorgang, der die Erkenntnis auch umfangreicher Grabungsfelder wie im Fall Babylons ermöglichen sollte. Koldewey war zusammen mit Wilhelm Dörpfeld im 19. Jahrhundert der Begründer der archäologischen Bauforschung, die gegenüber der traditionellen Archäologie revolutionär war.
"Die Engländer dachten in Funden, die Deutschen  in Befunden" heißt es auf Seite 105f. In Babylon ging es um ein Grabungsfeld von zehn Quadratkilometern: Es wäre unmöglich gewesen, das Gebiet komplett abzugraben. Koldewey bestimmte die Punkte, an denen er fündig zu werden hoffte. Dabei half ihm auch die antike Beschreibung der Stadt durch Herodot. Die Ausgräber mussten sich durch zweieinhalbtausend Jahre Stadtgeschichte graben, bevor sie in einer Tiefe von 21 Metern auf das Babylon Nebukadnezars II. stießen. Alle Schichten, Funde und Mauern gehören zum Gesamtbefund. Cusanit beschreibt an mehreren Stellen im Roman seitenlang wie Koldewey dabei vorgegangen ist. Sie ist so fasziniert von seiner Methode, dass sie sie acht Seiten lang (183-191) brillant beschreibt. Sie sieht eine Verwandtschaft zu ihrer eigenen Methode in ihrem Romanprojekt.

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